Zur Existenz der „Aldebaraner“

Aldebaran-Außerirdische und telepathischer Kontakt?

Bei der Überprüfung des Materials zum „Vril-Projekt“ wird deutlich, dass die Angaben zu den Zeichnungen und Symbolen – die angeblich die Grundlage für den telepathischen Kontakt bilden – falsch sind. Aus diesem Grund komme ich zu dem Schluss, dass der vorgeschlagene Kontakt mit einer aldebaranischen Spezies rein fiktiv ist.

Aldebaran-Schlachtkreuzer im interstellaren Raum, KI-Extrapolation von Bildern basierend auf Behauptungen über telepathischen Kontakt

Aldebaran ist als Bullauge ◎ im Sternbild Stier bekannt und 65 Lichtjahre von uns entfernt. Er befindet sich direkt neben dem Sternhaufen der Plejaden (Sieben Schwestern). Aldebaran wird als Nachfolger der Plejaden beschrieben.

Fun Fact:
Die 10 gestartete Sonde Pioneer 1972 ist auf dem Weg nach Aldebaran. Obwohl sie keine Verbindung mehr zur Erde hat, wird sie Aldebaran in etwa 2 Millionen Jahren erreichen. 

Professor Nicholas Goodrick-Clarke (Autor von „The Occult Roots of Nazism“) erklärt: „Anfang der 1990er Jahre entwickelten die Österreicher Norbert Jürgen Ratthofer und Ralf Ettl neue Nazi-UFO-Mythen, in denen es um das alte Babylon, Vril-Energie und außerirdische Zivilisationen im Sonnensystem Aldebaran ging.“

Der Legende nach nahmen die Aldebaranier Kontakt zum Dritten Reich auf und halfen bei der Entwicklung deutscher UFOs.

Laut Ella LeBain, Autorin von „Wer ist wer im kosmischen Zoo?“"

Eine neue Randtheorie behauptet, Nazi-Deutschland habe über ein „Sternentor“ zum Stern Aldebaran Zugang erhalten und Trancemedien und telepathische „Lichtcodes“ in Alt-Hebräisch genutzt, um Völkermord zu rechtfertigen und fortschrittliche UFO- und Atomimplosionstechnologie zu entwickeln – die sogenannte „Schwarze Sonne“. Basierend auf Werken von Zechariah Sitchin und Phyllis Schlemmer verbindet diese Theorie die sumerischen und babylonischen Reiche mit dem Okkultismus der Nazis und stellt außerirdische „Elohim“ als Architekten phönizischer und israelitischer Herkunft dar.

Dem gleichen Bericht zufolge beschlagnahmten amerikanische Behörden nach 1945 UFO-Blaupausen der Nazis und rekrutierten deutsche Wissenschaftler sowohl für die NASA als auch für ein geheimes „Untergrund“-Weltraumprogramm. Befürworter warnen, dass Aldebaraner – neben reptilartigen „Drakoniern“ und grauen Außerirdischen – nun in den globalen Eliten lauern und ein Viertes Reich und eine Neue Weltordnung errichten wollen. Mainstream-Historiker und Wissenschaftler weisen diese Behauptungen als unbegründet zurück und verweisen auf den völligen Mangel an überprüfbaren Beweisen für ein terrestrisches Stargate oder telepathische Kriegsführung.


Ursprung des Aldebaran-Kontaktanspruchs

Der erste Hinweis auf telepathischer Kontakt mit aldebaranischen Wesen, durch Medien wie Maria Orsic und „Sigrun“, stammt aus einer einzige Quelle: Ralf Ettl (gest. 2006). Laut David Childress, einem häufigen Gast in „Ancient Aliens“, lebte Ettl 1989 in London. Damals erhielt er ein Paket mit Dokumenten, die diesen angeblichen Kontakt beschrieben. Childress war der Erste, der diese Geschichte erzählte.


Die „Vril-Gesellschaft“ im historischen Kontext

Das Paket enthielt angeblich Informationen über telepathische Medien der „Vril-Gesellschaft“, die um 1919 mit Wesen aus Aldebaran Kontakt aufnahmen. Eine Untersuchung historischer Hinweise auf die „Vril-Gesellschaft“ offenbart jedoch erhebliche Ungereimtheiten in der Darstellung:

1947: Die erste Erwähnung einer „Vril-Gesellschaft“ erscheint in einem Artikel des desertierten deutschen Raketeningenieurs Dr. Willy Ley mit dem Titel „Pseudowissenschaft im Naziland“. Obwohl Ley die Vril-Gesellschaft erwähnt, erwähnt er keine telepathischen Medien oder außerirdische Kontakte. Stattdessen offenbart die Meditation über einen Apfelkern die Natur von „Vril“.

• 1960: Ein weiterer Verweis auf die „Vril-Gesellschaft“ findet sich im Buch „Der Morgen der Magier“, das Leys Artikel zitiert und eine Verbindung zwischen der Theosophischen Gesellschaft und den Rosenkreuzern sowie der Vril-Gesellschaft herstellt.

• 1990: Erst mit der Veröffentlichung des Romans „Das Vril-Projekt“ von Ralf Ettl und Norbert Ratthofer werden Behauptungen über telepathische Kontakte, außerirdische Kommunikation mit Aldebaran oder Verbindungen zur Thule-Gesellschaft oder zu UFOs aufgestellt.


Die Erzählung des „Vril-Projekts“

Ralf Ettl und Jürgen Ratthofer beschreiben ein geheimes Treffen im Dezember 1919. Bei diesem Treffen versammelten sich die innersten Kreise der Thule- und Vril-Gesellschaften. Das Medium Maria Orsic präsentierte angeblich zwei Stapel Papiere. Ein Stapel enthielt eine bizarr anmutende Geheimschrift der deutschen Templer, der andere einen scheinbar normalen, lesbaren Text.

Der Erzählung zufolge wurden diese Texte durch mediale Kanäle empfangen – diktiert in einer geheimnisvollen „Tempelschrift“ und einer dem Medium völlig unbekannten Sprache. Orsic selbst glaubte, die unbekannte Sprache müsse altorientalischer Herkunft sein. Später wurde behauptet, diese geheimnisvolle Sprache sei sumerisch – die Sprache der antiken Vorläufer der babylonischen Kultur. Die aldebaranische Sprache ist identisch mit Sumerisch! Das liegt daran, dass die Aldebaranier die Erde vor 500,000 Jahren besuchten. Und später noch einmal.

(Eine ähnliche Geschichte erzählte der Autor Zecharia Sitchin 1976 in seinem Buch „Der zwölfte Planet“. Nur dass seine außerirdischen Anunnaki von „Nibiru“ stammten, einem Planeten in unserem Sonnensystem jenseits von Neptun.)


Kritische Analyse der Ansprüche

Ein genauerer Blick auf die im „Vril-Projekt“ präsentierten Behauptungen und Beweise offenbart mehrere Ungereimtheiten:

• Sumerische Schrift und Sprache:
Obwohl die Sumerer die Schrift erfanden, unterscheidet sich die von ihnen entwickelte Keilschrift deutlich von der in der Erzählung beschriebenen sogenannten „Tempelschrift“ des 13. Jahrhunderts. Die sumerische Keilschrift ist auf über 5000 Jahre alten Tontafeln festgehalten und weist keinerlei Ähnlichkeit mit einer geheimen „Tempelschrift“ auf.

Darüber hinaus Die sumerische Sprache klingt nicht wie Deutsch (klicken Sie hier für eine Klangprobe)Dies widerspricht dem Bericht über eine Sprache, die „fast wie Deutsch klang“, aber dennoch unverständlich blieb.

• Die Art der Nachricht:

Die von Maria Orsic empfangenen Nachrichten waren auf Deutsch und mit einer einfachen Substitutions-Chiffre verschlüsselt. Die Verfügbarkeit eines Chiffrierschlüssel hätte die Entzifferung der Texte ermöglicht. Dies untergräbt die Behauptung einer völlig unbekannten Sprache.

• Das Symbol der schwarzen Sonne:

Ein zentrales Symbol im esoterischen Nationalsozialismus ist die Schwarze Sonne, die in zwei deutlich unterschiedlichen Versionen auftritt:

- Wewelsburg Black Sun Version:
Diese Version befindet sich auf der Wewelsburg in Deutschland, die während des Dritten Reichs als spirituelles Zentrum der aufkommenden Nazi-Ideologie diente. Es ist erst eine relativ neue Behauptung, das Design ähnele einer Schwarzen Sonne.

Was nicht bekannt ist:

Das Speichenmosaik der „Schwarzen Sonne“ auf der Wewelsburg (entworfen nach 1934) ist dem dekorativen Rand der Samarra-Schale nachempfunden. Diese Schale wurde um 1914 von Ernst Herzfelder entdeckt und später im Pergamonmuseum in Berlin ausgestellt. In der Mitte der Schale befindet sich eine der ältesten bekannten Hakenkreuzdarstellungen. Samarra liegt in der Region Sumerien.

Man kann das Mäandermuster der Samarra-Schale so strecken, dass es dem Muster des Wewelsburg-Mosaiks entspricht. Es ist seltsam, dass die Autoren von „Esoteric Nazism“ diese sumerische Verbindung nicht erkannten.

- Neue Black Sun-Version von „The Vril Project“:

Eine weitere Version der Schwarzen Sonne wurde erstmals 1990 in Ettls Broschüre „Das Vril-Projekt“ vorgestellt und später in der Pseudodokumentation „UFO: Geheimnisse des Dritten Reiches“ (1995) präsentiert. Auch Peter Moons „Die Schwarze Sonne: Montauks Nazi-Tibetan-Verbindung“ (1997) zeigt dieses Design. Es ähnelt der alten Flagge des japanischen Kaiserreichs. Zudem ähnelt dieses auffällige Design stark der 16-Speichen-Blitzscheibe mechanischer Fernseher mit geringer Bandbreite. Dieser Fernsehtyp wurde erstmals 1925 entwickelt.

1985 stellte Carl Sagan in seinem Roman „Contact“ eine hypothetische Frage: „Was wäre passiert, wenn die Nazis 1936 kein Fernsehen gehabt hätten? Was wäre dann passiert?“

Was denn? Der folgende Videoausschnitt stammt aus Ralf Ettls UFO-Film,
was zur Popularisierung der „Reichsflugscheibe“-Theorie führte:

Wurde Ettl von Carl Sagans Roman inspiriert, seine „Schwarze Sonne“ nach dem Vorbild einer Fernsehblitzscheibe zu gestalten? Könnte die darauf angebrachte Aufschrift „Aldebaran“ als Beweis für „außerirdische Einflüsse“ dienen?

Die Ettl Black Sun-Version
Am Rand der Grafik ist ein Slogan der Thule-Gesellschaft zu sehen. Dieser Slogan ist mit der deutschen Substitutions-Chiffre „Templer-Schrift“ verschlüsselt. Er stammt keineswegs von außerirdischer Herkunft. Spoiler: Hier ist die Übersetzung (klicken).

In der Mitte der Scheibe identifizieren Ettl und Ratthofer zwei Runen als eine doppelte „EH“-Rune (ᚾᚾ). Die korrekte Lesart der doppelten Naudiz-Rune lautet jedoch „NN“. Wir können dies als Abkürzung für „Neonazi“ interpretieren. Dieses Detail deutet weiter darauf hin, dass es sich bei der Geschichte um eine Nachkriegserfindung handelt, da es vor und während des Zweiten Weltkriegs keine solche Gruppe gab.


Fazit

Eine Analyse der vorliegenden Beweise deckt eine Reihe von Anachronismen und Widersprüchen in der Erzählung des „Vril-Projekts“ auf. Irrtümliche Behauptungen über eine antike Sprache, die falsche Identifizierung historischer Schriften und widersprüchliche Symbolik untergraben die Glaubwürdigkeit der Geschichte vom telepathischen Aldebaran-Kontakt. Angesichts dieser Widersprüche muss der behauptete Kontakt mit einer aldebaranischen Spezies als frei erfunden angesehen werden.

In der Literatur finden sich zahlreiche falsche Behauptungen; diese Analyse beschränkte sich auf die Behauptung über telepathischen Kontakt durch Medien der Vril-Gesellschaft. Fast alle anderen Behauptungen sind ebenfalls falsch. Trotzdem erstellte Revell ein UFO-Modell, das auf den im Vril-Projekt aufgestellten Behauptungen über deutsche fliegende Untertassen basierte.

Urteil: FAKE


Literaturhinweise

  1. „Der Klang der alten sumerischen Sprache (Entemena von Lagasch).“ YouTube, https://youtu.be/3QticJ8mww4.
  2. Ley, Willy. Pseudowissenschaft im Naziland.
  3. Barkun, Michael. Eine Kultur der Verschwörung.
  4. Goodrick-Clarke, Nicholas. Schwarze Sonne.
  5. Pauwels, Louis und Jacques Bergier. Der Morgen der Zauberer.
  6. „Das Vril-Projekt.“ 1990.
  7. Farrell, Joseph P. Nazi-Internationale.
  8. Goodrick-Clarke, Nicholas. Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus.
  9. Zündel, Ernst. UFOs: Geheimwaffe der Nazis.
  10. de Lafayette, Maximillien. UFOs, Maria Orsic.
  11. Wissensbuch der ILU-Lehre.
  12. Ettl, Ralf. Das Babylonier Buch.
  13. Fort, Charles. Das Buch der Verdammten.
  14. Strube, Julian. Die Erfindung des esoterischen Nationalsozialismus im Zeichen der Schwarzen Sonne.
  15. UFO: Geheimnisse des Dritten Reiches. 1995
  16. Mond, Peter. Die Schwarze Sonne: Montauks Nazi-Tibeter-Verbindung. 1997
  17. van Helsing, Jan. Geheimgesellschaften und ihre Macht im 20. Jahrhundert.
  18. Ratthofer, NJ Galaxisimperium Aldebaran.
  19. van Helsing, Jan. Unternehmen Aldebaran.
  20. Childress, David Hatcher. Vril: Geheimnisse der Schwarzen Sonne
  21. NAZIS „ERSTE MIT FLIEGENDEN UNTERTASSEN“
    https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/139966106
  22. Wissenschaftler sagen, es gebe tatsächlich fliegende Untertassen
    https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/47626536
  23. INGENIEUR BEHAUPTET, DIE PLÄNE FÜR DIE „UNTERTASSE“ SIND IN SOWJETISCHEN HÄNDEN;
    https://www.cia.gov/readingroom/docs/DOC_0000015471.pdf
  24. Nicholas Goodrick-Clarke
    https://en.wikipedia.org/wiki/Nicholas_Goodrick-Clarke